Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum zeigt sich auch in der gestiegenen Zahl wohnungsloser oder von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen in Westniedersachsen: Bei der Stichtagserhebung am 30. Oktober 2017 wurden in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe im Bereich des ehemaligen Regierungsbezirkes Weser-Ems (plus Landkreis Diepholz) insgesamt 1320 Personen gezählt. Das sind 27,8 Prozent mehr als im Vorjahr (1033), wie aus der Stichtagserhebung der Regionalvertretungen Oldenburg und Osnabrück der Zentralen Beratungsstelle (ZBS) Niedersachsen hervorgeht.
Besonders alarmiert zeigen sich die Autoren der Studie, Mark Brockmann und Christian Jäger von der ZBS Niedersachsen, angesichts des anhaltenden Trends zu immer mehr jungen Wohnungslosen. Von den gezählten 1096 tatsächlich wohnungslosen Menschen waren 446 Personen unter 27 Jahre alt (2016: 336) und damit jeder dritte Betroffene. 346 Personen davon waren sogar unter 25-jährig. „Es darf nicht passieren, dass so viele junge Menschen in die Wohnungslosigkeit rutschen“, sagt Mark Brockmann. „Für viele, die diesen Schritt einmal gemacht haben, ist es in den vergangenen Jahren u.a. durch den Mangel an bezahlbarem, menschenwürdigem Wohnraum schwer geworden, aus der Wohnungslosigkeit wieder herauszukommen. Wir benötigen hier besser zugeschnittene, auf die lokalen Verhältnisse angepasste Hilfen und mehr Prävention.“
Brockmann kritisiert zudem, dass die Kommunen vielerorts überlegen, nur noch geringere Mietkosten im Rahmen der Sozialleistungen zu übernehmen. „Das trifft vor allem Menschen in ohnehin prekären Wohnsituationen. Die Situation verschärft sich, solange keine neuen Sozialwohnungen entstehen.“
Hohe Dunkelziffer
Für die Stichtagserhebung wurde am 30. Oktober 2017 in niedrigschwelligen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe wie in Übernachtungsstellen der Wohlfahrtspflege, Tagesaufenthalten und Beratungsstellen zwischen Osnabrück und Küste gezählt. Neben den 1096 Wohnungslosen lebten 138 Personen der an diesem Tag gezählten Menschen in unzumutbaren Wohnverhältnissen, 86 Personen waren unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht. „Die Dunkelziffer der Betroffenen ist mit großer Wahrscheinlichkeit höher. Viele Menschen nehmen aus Scham über ihre Situation gar keine Hilfe in Anspruch“, betont Mark Brockmann.
Der Erhebung zufolge hat der überwiegende Teil der erfassten Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Anteil der ausländischen Hilfesuchenden liegt bei 26,5 Prozent (2016: 22,7 Prozent). Mehr als die Hälfte davon kam aus dem EU-Ausland, der Rest hatte eine andere Staatsbürgerschaft. „Ausländische Hilfesuchende stellen eine besondere Herausforderung für die Mitarbeitenden in unseren Einrichtungen dar“, erklärt Brockmann. „Es gilt nicht nur Sprachbarrieren zu überwinden. Zur Begleitung dieser Klienten müssen Kolleginnen und Kollegen zudem stets die aktuellen, unübersichtlichen und sich häufig verändernden Rechtsnormen im Blick haben.“
Zum Hintergrund: Die Zentrale Beratungsstelle (ZBS) Niedersachsen hat im Auftrag des Niedersächsischen Sozialministeriums die Aufgaben der Sozialplanung, Fachberatung und Koordination der Hilfen für Menschen in Wohnungsnot. Die ZBS Niedersachsen besteht aus den Regionalvertretungen Braunschweig, Lüneburg, Hannover, Oldenburg und Osnabrück.
- Download: Stichtagserhebung 30. Oktober 2017
Ansprechpartner:
- Christian Jäger, Zentrale Beratungsstelle Niedersachsen, Regionalvertretung Osnabrück, cjaeger@caritas-os.de, Tel. 0541 34978 255
- Mark Brockmann, Zentrale Beratungsstelle Niedersachsen, Regionalvertretung Oldenburg, mbrockmann@caritas-os.de, Tel. 0441 36181043